Tagesevangelium

Hl. Maximus von Turin

Der Friede ist ein Geschenk der Auferstehung Christi. An der Schwelle des Todes zögerte er nicht, dem Jünger, der ihn auslieferte, diesen Frieden zu geben. Er erwiderte die Umarmung des Verräters, als wäre dieser ein treuer Freund. Glaubt nicht, dass der Kuss, mit dem der Herr den Kuss des Judas Iskariot erwiderte, von etwas anderem als inniger Liebe inspiriert war. Christus wusste bereits, dass Judas ihn verraten würde. Er wusste, was dieses Zeichen der Liebe [in Wirklichkeit] bedeutete – und entzog sich ihm nicht. Das ist Freundschaft: Dem Todgeweihten [in diesem Fall ist Judas gemeint] verweigert sie nicht eine letzte Umarmung; denen, die man liebt, verwehrt sie nicht dieses letzte Zeichen der Zärtlichkeit. Jesus hoffte aber auch, dass dieses spontane Zeichen Judas erschüttern würde und dass er, überrascht von Jesu Liebe, doch nicht den verraten würde, der ihn liebte, den nicht ausliefern würde, der ihn umarmte. So wurde Jesu Kuss zu einer Art Prüfung, die Judas gewährt war: Würde er sich von diesem Kuss wieder aufrichten lassen, dann wäre dieser ein Band des Friedens zwischen Jesus und seinem Jünger; würde Judas aber den Verrat vollenden, würde dieser verbrecherische Kuss zu seiner eigenen Anklage.

Der Herr sagte zu ihm: „Judas, mit einem Kuss verrätst du den Menschensohn?“ (Lk 22,48). Wo ist nun die geheime Verschwörung des Feindes? Wo versteckt sich seine List? Jedes Geheimnis wird aufgedeckt. Der Verräter verrät sich selbst, bevor er seinen Herrn verrät. Mit einem Kuss verrätst du den Menschensohn? Mit dem Siegel der Liebe verwundest du? Mit der Geste der Zärtlichkeit vergießt du Blut? Mit dem Zeichen des Friedens bringst du den Tod? Sag mir, was ist das für eine Liebe? Du gibst einen Kuss – und drohst? Die Küsse aber, mit denen der Diener seinen Herrn verrät, der Jünger seinen Meister, der Auserwählte seinen Schöpfer – diese Küsse sie sind keine Küsse, sondern Gift.

Quelle: Evangelizo

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