„Er wird nicht bewohnt sein, sein Wohlstand wird nicht von Dauer sein, und er wird keine Wurzeln schlagen in der Erde“ (Ijob 15,29 Vulg.). […] Der Mensch wird nur dann reich an Tugenden, wenn seine Seele vom allmächtigen Gott bewohnt ist. Da aber der Geist des Stolzen nicht von der Gnade seines Schöpfers bewohnt ist, kann er sich nicht mit Tugenden bereichern. Da er also innerlich leer ist, kann man sagen: „Er wird nicht bewohnt sein“, und man kann hinzufügen: „Sein Wohlstand wird nicht von Dauer sein.“ […]
Wenn wir diesen Ausdruck auf das Erdreich dieser Welt anwenden, ist es ganz offensichtlich, dass ein Baum, der keine Wurzeln in der Erde hat, vom leichtesten Windhauch erschüttert wird und umfällt. Wenn sich nun der Stolze gegen den allmächtigen Herrn stemmt, wenn er hoch erhobenen Hauptes einhergeht und sich halsstarrig gegen den Urheber des Lebens auflehnt, scheint er die Statur eines Baumes zu haben. Ja, er hat diese Statur, aber er hat keine Wurzeln, und wie ein sanfter Windhauch entreißt das bloße Inkrafttreten eines verborgenen Urteils ihm das Leben. […] Wenn wir aber unter dem Wort „Erde“ [bzw. „Land“] den Lohn des ewigen Lebens verstehen, der den Propheten sagen lässt: „Du bist mein Anteil im Land der Lebenden“ (Ps 142,6), dann schlägt dieser ungerechte Mensch keine Wurzeln in der Erde, weil er die Gedanken seines Herzens nie im Verlangen nach dem ewigen Leben verwurzelt.
Was die Wurzel für den Baum ist, ist das persönliche Denken für jeden Menschen, denn was äußerlich von ihm sichtbar ist, ist mit dem verbunden, was in seinem Innersten verborgen ist. Deshalb sagt der Prophet weiter: Er „wird Wurzel treiben nach unten und Frucht tragen nach oben“ (Jes 37,31) Ja, wenn unsere Gedanken auf das Mitgefühl für unseren Nächsten in Not gerichtet sind, können wir sagen, dass wir unsere Wurzel nach unten treiben, um die Frucht wachsen zu lassen, die unser Lohn im Himmel sein wird.
Quelle: Evangelizo