Tagesevangelium

Hl. Gregor der Große

„Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum?“
Wir können diese verschiedenen Tageszeiten mit den Lebensabschnitten eines Menschen gleichsetzen: Der frühe Morgen steht für die Kindheit unserer geistigen Entwicklung. Die dritte Stunde kann als die Jugendzeit angesehen werden; denn die Sonne gewinnt da sozusagen schon an Höhe, und die Glut der Jugend baut sich langsam auf. Die sechste Stunde, wenn die Sonne im Zenit steht, ist das Alter des reifen Menschen, wenn er die Fülle seiner Kraft erreicht hat. Die neunte Stunde, in der die Sonne von der Höhe des Himmels hinabsteigt, steht für das beginnende Alter, wenn die Glut des reifen Lebensalters abkühlt. Die elfte Stunde schließlich ist die Zeit, die wir als hohes Alter bezeichnen. […] Insofern nun die einen von Kindheit an den Weg zum rechtschaffenen Leben einschlagen, andere in der Jugend, wieder andere im reifen Alter oder erst im Greisenalter, einige schließlich erst, wenn das Leben zu Ende geht – ist es, als würden sie zu verschiedenen Tageszeiten in den Weinberg des Herrn gerufen. Prüft also euren Lebensstil, Brüder, und findet heraus, ob ihr schon angefangen habt, wie die Arbeiter im Weinberg zu handeln. Denkt gründlich darüber nach und wägt ab, ob ihr im Weinberg des Herrn arbeitet. […] Wer es bis ins hohe Alter versäumt hat, für Gott zu leben, gleicht dem Arbeiter, der bis zur elften Stunde untätig geblieben ist. […] „Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum?“ Man kann es auch deutlicher sagen: „Wenn ihr in eurer Jugend und als Erwachsene nicht für Gott habt arbeiten wollen, so zeigt wenigstens jetzt, in der letzten Phase eures Lebens, Reue. […] Kommt doch und betretet die Pfade, die zum Leben führen!“ […] Ist nicht auch der Schächer erst in der elften Stunde gekommen (Lk 23,39f.)? Nicht aufgrund hohen Alters, sondern infolge der Todesstrafe hatte er den Abend seines Lebens erreicht. Am Kreuz bekannte er sich zu Gott und hauchte sein Leben aus, beinahe im selben Moment, da der Herr sein Urteil sprach. Und der Herr des Weinbergs nahm den Schächer ins Paradies auf – noch vor Petrus. Er zahlte den Lohn gerecht aus und fing beim Letzten an.

Quelle: Evangelizo

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