Vor Johannes dem Täufer gab es zahlreiche große und heilige Propheten, die Gottes würdig und vom Heiligen Geistes erfüllt waren, die das Kommen des Herrn ankündigten und für die Wahrheit Zeugnis ablegten. Von ihnen sagte man jedoch nicht wie über Johannes den Täufer: „Unter den von einer Frau Geborenen ist kein Größerer aufgetreten als Johannes der Täufer“ (Mt 11,11). Warum wird diese Größe dem vorausgesandt, der die Größe selbst ist? Um von der tiefen Demut des Vorläufers Zeugnis zu geben.
Er war so groß, dass man ihn für Christus hätte halten können. Nichts lag näher […], denn obwohl er sich nicht selbst so bezeichnete, glaubten jene, die ihn hörten und sahen, er sei es. […] Dieser demütige Freund des Bräutigams jedoch, der sich eifrig für die Ehre des Bräutigams einsetzt, will nicht wie ein Ehebrecher den Platz des Bräutigams einnehmen. Er legt für seinen Freund Zeugnis ab, er empfiehlt der Braut den wahren Bräutigam, und er schreckt davor zurück, an seiner Stelle geliebt zu werden, weil er nur in ihm geliebt werden will. „Der Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihn hört, ist voller Freude über die Stimme des Bräutigams“ (Joh 3,29).
Der Jünger hört auf den Meister; er steht aufrecht, weil er auf ihn hört, denn sollte er sich weigern, auf ihn zu hören, wäre sein Absturz gewiss. Was Johannes in unseren Augen so groß macht, ist die Tatsache, dass er sich für Christus hätte ausgeben können, es aber vorzog, für Jesus Christus Zeugnis abzulegen, dessen Größe zu verkünden und sich selbst zu erniedrigen, anstatt als der Messias zu gelten und sich selbst zu betrügen, indem er andere täuscht. Jesus sagt also zu Recht von ihm, dass er mehr war als ein Prophet. […] Johannes erniedrigte sich vor der Größe des Herrn und verdiente so, dass seine Demut durch diese Größe erhöht wurde. „Ich bin es nicht wert“, sagt er, „ihm die Riemen der Sandalen zu lösen“ (vgl. Mk 1,7).
Quelle: Evangelizo