Wer ist denn Gott? Vater, Sohn und Heiliger Geist, der eine Gott. Frage nicht weiter nach Gott. Wer das Wesentliche über Gott wissen will, soll zuerst die natürliche Ordnung betrachten. Die Wissenschaft von der Dreifaltigkeit wird nämlich zu Recht mit der Tiefe des Meeres verglichen, von der die [göttliche] Weisheit sagt: „Der Grund des Meeres ist für die Augen der Menschen unsichtbar“; ebenso bleibt auch die göttliche Dreifaltigkeit für das menschliche Verstehen unbegreiflich. Wenn darum jemand verstehen will, was doch zu glauben ist, dann soll er sich nicht einbilden, dies mehr durch Überlegungen als durch den Glauben zu können; sonst wird sich die auf solche Art gesuchte göttliche Weisheit noch weiter von ihm zurückziehen.
Suche also die höchste Erkenntnis nicht durch Diskutieren, sondern durch ein vollkommenes Leben, nicht durch Worte, sondern durch den Glauben, der aus einem einfachen Herzen entspringt und nicht das Ergebnis gelehrter Spekulationen ist. Wenn du das Unaussprechliche durch Überlegungen suchst, wird es sich nur weiter von dir entfernen; wenn du es durch den Glauben suchst, wird die Weisheit dort sitzen, wo sie wohnt: vor deiner Tür (vgl. Weis 6,14); und wo sie sitzt, kann sie erblickt werden, wenn auch nur zum Teil. In Wirklichkeit erreicht man sie in dem Moment, in dem man an das Unsichtbare glaubt, ohne es zu verstehen. Da Gott der Unsichtbare ist, müssen wir an ihn glauben; und doch kann Gott von einem reinen Herzen in gewisser Weise geschaut werden.
Quelle: Evangelizo