Wer dem Herrn näherkommen und des ewigen Lebens würdig sein will, wer Christi Wohnstatt werden und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden will, um die Früchte dieses Geistes zu bringen […], muss zunächst fest an den Herrn glauben und sich dann vorbehaltlos seinen Geboten unterstellen. […] Er muss sich selbst Gewalt antun, um gegen jedermann demütig zu sein […], nach dem Wort des Herrn: „Lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele“ (Mt 11,29). Auch muss er sich mit allen Kräften darin üben, barmherzig, sanftmütig, mitfühlend und gütig zu sein, wie der Herr es wünscht: „Seid barmherzig, wie es auch euer himmlischer Vater ist“ (vgl. Lk 6,36; Mt 5,48). Und: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten“ (Joh 14,15). Und „Tut euch Gewalt an, denn die Gewalttätigen reißen das Himmelreich an sich“ (vgl. Mt 11,12). Und „Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen“ (Lk 13,24). In allem sollte er sich ein Beispiel nehmen an der Demut, am Verhalten, an der Sanftmut und an der Lebensweise des Herrn. […]
Er möge beharrlich sein im Gebet und nicht müde werden, den Herrn zu bitten, zu ihm zu kommen und in ihm zu wohnen, ihn zu erneuern, ihm die Kraft zu geben, alle seine Gebote zu befolgen, und er möge darum bitten, dass der Heiland selbst zur Wohnstatt seiner Seele werde. Dann wird er – indem er sich Gewalt antut, ohne seiner Natur Schaden zuzufügen – seine Aufgaben bereitwillig erfüllen, weil er sich ganz und gar an das Gute gewöhnt, immer wieder des Herrn gedenkt und ihn mit großer Liebe erwartet. Wenn der Herr eine solche Entschiedenheit sieht […], wird er sich seiner erbarmen, ihn von seinen Feinden und von der Sünde, die in ihm wohnt, befreien und ihn mit dem Heiligen Geist erfüllen. Und so wird er fortan wahrhaftig alle Gebote des Herrn halten, ohne Gewalt und ohne Mühe – oder vielmehr wird es der Herr selbst sein, der in ihm seine eigenen Gebote erfüllt, und er wird in großer Reinheit des Herzens die Früchte des Geistes hervorbringen (vgl. Gal 5,22).
Quelle: Evangelizo